Jesus und die "weggedachten Frauen"

Einige Kreuzwegstationen haben keinen biblischen Ursprung. Sie zählen als "außerbiblische Überlieferungen". Eine davon ist die 6. Station: "Veronika reicht Jesus das Schweißtuch". Sie ist eine von den Frauen, die am Wegrand des Kreuzweges standen. Im Matthäusevangelium 9,20 wird über eine blutflüssige Frau aus der Heilungsgeschichte erzählt, Veronika wird mit ihr identifiziert. Es ist möglich, dass sie erst "Beronike" genannt wurde und später "Veronika" (gr./lat. Vera icona - wahres Bild). Erstaunlich ist, dass sie in die Kreuzwegstationen mit aufgenommen wurde und diese Begegnung mit Jesus nicht einem Mann zugeschrieben wurde. Einiges konnten wir jetzt über sie erfahren. Was aber ist mit den anderen Frauen im Umfeld Jesu, die als Apostelinnen galten?

 

Was ist mit Maria Magdalena?

Über sie wird im Neuen Testament erzählt und von ihr wird als Begleiterin Jesu seitens der Evangelisten berichtet. Somit ist sie also eine der ersten Apostelinnen. Maria Magdalena war es, die als erste dem Auferstandenen begegnete. Im Jahre 591 aber wurde sie von Papst Gregor I. einer Sünderin gleichgesetzt. Dies ist bis heute Teil der katholischen Tradition um Maria Magdalena. Allerdings bleibt die Frage nach dem "Warum?". Was ist mit den anderen Apostelinnen? Schauen wir auf Junia. Im Römerbrief werden sie und Adronikus erwähnt. Späterhin wurde aus der Apostelin Junia der Apostel Junias. Was ist mit Lydia und all den anderen Frauen, die Begleiterinnen Jesu waren?

 

Sie wurden einfach "weggedacht"!

 

Kommen wir zurück zu Veronika. Was sagt die Szene aus? Wie können wir sie deuten und Erkenntnisse daraus für unser heutiges Leben entnehmen?

Veronika steht mit anderen Frauen, um Jesus weinend, am Wegrand. Sie löst sich aus der Menge und reicht Jesus ein Tuch, um seinen Schweiß abzuwischen. Trost und Linderung will sie Jesus damit verschaffen. Ungeachtet der damaligen Stellung der jüdischen Frau in der Gesellschaft, tut sie dies mit bewundernswertem Mut. Genau dieser Mut, den Veronika in dieser Situation aufbrachte, macht diese 6. Station besonders erwähnenswert. Ihr ist es egal, was andere denken, von ihr halten oder ob sie dafür sogar eine Strafe in der damaligen Zeit dafür bekommt. Für sie zählt in diesem Augenblick nur Jesus, dem sie wortlos zur Seite steht. Für mich zeigt sie Stärke und Größe. Würden wir uns ebenfalls mit solchem Mut für andere Menschen einsetzen? Ist dafür oftmals die Angst vor Spott und Ächtung unserer Mitmenschen ein Hindernis? Haben wir in unserem Alltag den Mut, unsere Meinung zu sagen  und zu vertreten? Das wäre wünschenswert. Nicht immer, wenn wir uns für andere einsetzen, gelingt es uns wirklich zu helfen. Manchmal erreichen wir gar nichts oder gar das Gegenteil. Doch sollten wir uns nicht entmutigen lassen und Veronika mit ihrem Mut als Vorbild betrachten.

 

Ostern kann als Neuanfang betrachtet werden. Ein Neuanfang, um über die "weggedachten" Frauen in der Institution Kirche und über unser eigenes Leben nachzudenken, um mit Mut neu nach vorne zu blicken.